Beitrag des Monats

Beitrag des Monats Jänner 2021

Die Schüler und Schülerinnen der 1b hatten den Auftrag, eine spannende Geschichte zum Bild (alter Schuppen im Wald) zu schreiben. Ziel war es, einen guten Spannungsbogen aufzubauen und viele Sinneswahrnehmungen und Wiederholungen/Verstärkungen einzubauen.

Wir wollen Ihnen hier das Werk unserer fleißigen Schreiberin Theresa Doppelreiter präsentieren.

Gratulation, sehr gut gemacht! 🙂

Anna und das alte Geheimnis in dem Schuppen

„ANNA, BIST DU FERTIG?“, rief meine Mutter zu mir herauf. „NEIN! NOCH NICHT!“, brüllte ich ebenso laut zurück. Ich seufzte. Nein, ich war noch lange nicht fertig. Vermutlich würde es noch mindestens zwei Stunden dauern, bis ich es endlich geschafft hatte. Es geschafft hatte, alle Regale unseres Dachbodens zu entstauben, und das ganze Zeug hier drinnen mal wieder vollständig zu sortieren und auszumisten . Das war nämlich auch schon eindeutig nötig! In unserem Dachboden herrschte schließlich ein vollständiges Chaos: überall stapelten sich labbrige Schachteln, uralte und muffig riechende Möbel, verstaubte Regale, in denen noch staubigere Gegenstände lagen, und so weiter. Schätzungsweise hatte ich mittlerweile zumindest schon mal die Hälfte der Unordnung einigermaßen gebändigt, aber schon warteten die nächsten verstaubten Regale auf mich, die sich von mir feinsäuberlich putzen, und die weitern Kisten, die sich von mir feinsäuberlich ordnen lassen wollten. Ich strich mir eine lockige Haarsträhne aus der Stirn, und sah kurz aus dem Fenster, auf den heute so trüben nebeligen Novembertag.

Ich schaute noch in einige weitere Schachteln, die ich nach Themen und Gruppen sortierte, als ich etwas später auf eine, auch wieder sehr alte, dennoch auch diesmal edel wirkende, kleine Holzkiste stieß. Zuerst war sie mir gar nicht aufgefallen, so gut hatte sie sich unter den unordentlichen Bergen von Kisten versteckt. Doch jetzt, wo sich das Schachtelmeer schon einigermaßen lichtete, fiel sie mir sofort ins Auge. Ich beugte mich hinunter, und strich vorsichtig die zarte Staubschicht auf ihrem Deckel fort. Das Kistchen war mit schönen goldenen Verzierungen versehen, und obwohl die Farbe des Holzes schon seit einiger Zeit leicht verblasst zu sein schien, leuchtete die Kiste von innen heraus. Ich fühlte ein Kribbeln auf meinen Händen, als ich sie behutsam nahm. „Endlich mal etwas Spannendes hier!“, ging es mir durch den Kopf. Dann atmete ich tief ein und öffnete sie.
Im Inneren der Kiste entdeckte ich einen kleinen Schlüssel, und ein winziges Kärtchen, inmitten von einer Menge aus Sägespännen. Und auf dem Zettel stand etwas! Nur leider war es so klein geschrieben, dass man es mit bloßem Auge nicht entziffern konnte. Sofort packte mich die Abenteuerlust und ließ mich, den noch nicht so ordentlichen Dachboden, wie ich es gerne gehabt hätte, komplett vergessen. Mein Herz klopfte enorm, als ich die Treppe in den ersten Stock hinunter sauste, und letztendlich vor der Zimmertür meines kleinen Bruders stehen blieb und daran klopfte. „Ja?“, meinte er noch, da war ich auch schon in sein Zimmer gestürmt und erzählte ihm von dem mysteriösen Schlüssel und dem kleinen Zettel, den ich auf dem Dachboden gefunden hatte. „Auf jeden Fall“, begann ich schließlich, nachdem ich fertig erzählt hatte, “ bräuchte ich von dir eine Lupe, mit der ich die Buchstaben auf dem Papier entschlüssel-…“ Ich hatte noch nicht einmal fertiggesprochen, da drückte mein Bruder Benjamin mir auch schon eine kleine Lupe in die Hand und sah mich vielversprechend an. Ich wusste, dass ich mit der Sache genau beim Richtigen gelandet war, denn Benjamin liebte Rätsel über alles. Mit der Lupe fuhr ich über das Papier, und wir erkannten gleich, dass es sich dabei um eine Adresse handeln musste.

„Bist du dir wirklich sicher, dass die Adresse auf dem Kärtchen, HIER liegt?“, fragte mich Benjamin verwundert. Es war nicht einmal eine halbe Stunde her, dass wir die Worte auf dem Zettel entschlüsselt hatten, und mir nach etwas Überlegen gekommen war, wo sich ungefähr der Teichweg Nr. 4 befand. Wir bogen gerade in einen düsteren Weg ein, der sich, verschleiert vom Nebel, vor uns erstreckte. Kahle Bäume umzingelten uns, und alles sah verwildert und irgendwie unbelebt und gruselig aus. So langsam fragte ich mich ernsthaft, ob sich hier ein Haus oder der gleichen überhaupt befand, geschweige denn, hier irgendjemand wohnte! Wahrscheinlich eher nicht, aber ich hatte schon mal von diesem Weg gehört. Nur wusste ich leider nicht mehr, woher. Ich merkte, dass mein kleiner Bruder zitterte, und, dass diese Gegend auch mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Nach ein paar Minuten jedoch, entdeckten wir, wohin uns die Adresse „Teichweg Nr. 4“ führte. Zu einem kleinen alten Schuppen, umgeben von Unkraut. Er sah zugegebenermaßen ziemlich verfallen aus, und man konnte ahnen, dass ihn seit Jahren oder sogar Jahrzehnten keiner mehr benutzt hatte. Die klapprige Holztür hing nur noch halbwegs in den Angeln, und ließ uns freien Eintritt in die kleine Hütte. Alles hier drinnen war staubig und alt. Angefangen von den rostigen und alten Werkzeugen, Besen und Gartengeräten, bis hin zu den alten zerbrochenen Vasen, Blumentöpfen und Kisten, die hier drinnen herumlagen oder standen. Ich bekam ein mulmiges Gefühl, nicht nur, weil dieser Schuppen hier so alleine und einsam verrottete, sondern auch, weil ich plötzlich entfernt Schritte wahrnahm. Aber als ich mich vorsichtig umdrehte, um zu schauen, ob uns jemand gefolgt war, entdeckte ich niemanden. Hm, komisch! Jetzt nahm ich schon Schritte wahr, die es gar nicht gab! „Anna, schau mal!“, riss mich schließlich Benjamins aufgeregte Stimme aus meinen Gedanken. Er hatte eine alte Plane beiseite gezogen, und fuchtelte jetzt vor einer Platte am Boden herum, die so aussah, als ob man sie wegheben könnte! Gemeinsam schoben wir die Bodenplatte zur Seite, und sahen eine Treppe, die nach unten, in einen unterirdischen Gang, führte! Ich wollte meinem kleinen Bruder schon erklären, dass wir da nicht einfach so hinuntergehen konnten, doch der schritt schon die steilen Steinstufen hinab. Schon immer hatte er schließlich davon geträumt, einen geheimen Gang, Schatz oder dergleichen zu finden. Bis jetzt war ihm das jedoch noch nie gelungen. Und leider war er manchmal einfach zu stur, um auf seine drei Jahre ältere Schwester zu hören. Also trat ich auf wackligen Beinen den dunklen Gang hinunter. Zum Glück hatte Benjamin seine Taschenlampe dabei, die allerdings nur sehr schwach leuchtete. Stück um Stück, Meter für Meter, Stufe um Stufe, ging ich Benjamin nach . Wohl war mir dabei aber keinesfalls zumute! Wir waren schon fast am Ende der Stiegen angelangt, als ich hinter mir etwas wahrnahm. Wieder so etwas wie Schritte, die uns leise folgten, und deren Verursacher nicht gesehen werden wollte. Mein Kopf schnellte nach hinten und ich starrte angestrengt in die fast komplette Finsternis. Aber wieder sah ich niemanden. „Anna, alles in Ordnung?“, erklang Benjamins Stimme weiter unten, und ich versicherte ihm knapp: „Ja, geht schon.“ Gleich darauf kamen wir unten an, und sahen einen weiteren Gang, der sich vor uns erstreckte. Langsam und zögerlich gingen wir ihn entlang. Feuchte und abgestandene Kellerluft schlug uns entgegen. Die ganze Zeit über hatte ich das beklemmende Gefühl, hier mit meinem Bruder nicht alleine zu sein. „B-b-Benjamin!“, stotterte ich schließlich, „ist das eine…“ „…Schatulle!“, ergänzte mein Bruder meinen Satz und rannte zu dem kleinen Kistchen hin, welches wir am Ende des Ganges, am Boden liegend, erblickten. Es war klein, braun, hatte goldene Verzierungen, und erinnerte mich stark an die Kiste, die ich auf unserem Dachboden gefunden hatte. Nein, eigentlich sah sie sogar identisch aus! Das einzige was bei dieser kleinen Schatulle anders war, war das zarte, fast winzige Schloss, welches die Holzkiste verschloss. „Anna, der Schlüssel!“, quiekte Benjamin ganz aufgeregt. Behutsam nahm ich das Schlüsselchen aus meiner Jackentasche, und wollte es schon ins Schloss stecken, als ich plötzlich hinter uns ein leises langsames Stapfen hörte. Immer lauter und deutlicher nahm ich jetzt die Schritte war. Immer mehr Angst ballte sich in meinem Körper zusammen! Immer mehr Panik überflutete mich! Immer stärker fühlte ich mein Herz in meiner Brust hämmern! Auch Benjamin hielt inne und zitterte am ganzen Leib. Ein lautes „BUHH“ ließ mich zusammenzucken, so sehr, dass ich auf meinem Bruder landete und wir uns nur mühsam wieder aufrichteten. „HAHAH! Ich hätte nicht gedacht, dass ich euch so leicht erschrecken kann.“ Perplex erkannte ich nun einen dunkelhaarigen Jungen, ungefähr meines Alters, der die Arme verschränkte und mich hämisch angrinste. Den kannte ich nur zu gut! Es war unser Nachbarsjunge. Von Angst war bei mir nun keine Spur mehr. Ganz im Gegenteil! Wut überströmte mich! „ROBIN, du Idiot! Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen! DAS IST NICHT LUSTIG!!!“, fauchte und funkelte ich ihn so wütend an, dass er es jetzt selbst mit der Angst zu tun bekam. „Äh, ja… tut mir leid. Aber, was macht ihr eigentlich hier unten?“, fragte er kleinlaut. „Wir haben einen Schatz gefunden“, erklärte Benjamin mit brüchiger Stimme. „Oh, stimmt! Das habe ich schon fast vergessen! Die Schatulle!“, schoss es mir durch den Kopf, und ich wandte mich wieder der kleinen Truhe zu. Robin ließ ich dabei einfach außer Acht, und schenkte meine volle Aufmerksamkeit wieder dem Schlüssel, den ich vor lauter Panik vorhin fallen gelassen hatte. Nun steckte ich endlich den Schlüssel ins Schloss, und… er passte! Feierlich drehte ich den Schlüssel herum und lugte ins Innere der Holzkiste. Darin befand sich ein wunderschönes Medaillon, welches golden schimmerte und mit kleinen Edelsteinen besetzt war. Es glänzte vorbildlich und strahlte, obwohl es schon seit einiger Zeit hier versteckt sein musste. „WOW!“, staunten Robin und Benjamin gleichzeitig. Vorsichtig öffnete ich das Medaillon und entdeckte ein ovales Schwarzweißfoto , auf dem eine wunderschöne Frau, die ein kleines Kind im Arm hielt, abgebildet war. Mir fiel jedoch sofort auf, dass hinter dem kleinen Bild, auf der goldenen Innenseite des Medaillons, etwas eingraviert war. „Denn Treusein heißt, sich selber die Treue zu halten.“, las ich halblaut vor. Unterhalb stand auch noch: „Dieser Spruch soll mich mein ganzes Leben begleiten – Elenora“ „Elenora? Unsere Uroma hieß Elenora!“, rief Benjamin.

Als wir uns wieder auf den Heimweg machten, dachte ich über das Medaillon und das Foto nach. Die Frau auf dem Foto musste also unsere Uroma Elenora, und das Kind darauf, unser Opa Willi, sein. Aber was sollte dieser Spruch bedeuten? „Denn Treusein heißt, sich selber die Treue zu halten.“ Mir war auch eingefallen, woher ich den alten Schuppen kannte. Und zwar hatte mir Opa Willi schon einmal ein Bild von diesem abgelegenen Plätzchen gezeigt. Ganz früher benutzte unsere Uroma Elenora dieses kleine Häuschen nämlich als Geheimtreffpunkt, um sich hier mit meinem Uropa Frederik heimlich zu treffen. Opa Willi hatte auch einmal erwähnt, dass seine Mutter immer ein wunderschönes und kostbares Medaillon um den Hals trug, welches ihr sehr wichtig war, und in dem sie angeblich ihren größten Schatz aufbewahrte. „Ich weiß nicht, welchen Schatz sie damit gemeint hat, und auch nicht, wo das Medaillon jetzt ist, seitdem sie gestorben ist. Es war ihr aber immer sehr wichtig gewesen!“, erinnerte ich mich wieder, an eine frühere Erzählung meines Opa. Nun wussten wir, wo Uroma Elenoras Medaillon geblieben, und was ihr größter Schatz gewesen war. Nämlich ihr Kind Opa Willi und die Lebensweisheit : „Denn Treusein heißt, sich selber die Treue zu halten.“

Top